02.03.–15.07.2021
Ausgehend von Descartes’ Gegenüberstellung einer nicht materiellen »denkenden Substanz« und einer »materiellen Substanz« dominierte in den Kognitionswissenschaften bis in die 1990er-Jahre die Annahme, dass sich die Kognition rein über das Gehirn als informationsverarbeitendes System abspiele, das prinzipiell wie ein Computer arbeite. Wahrnehmungs- und motorische Systeme dienten als periphere Ein- und Ausgabegeräte.
1994 veröffentlichte der Neurologe Antonio Damasio mit Descartes‘ Error die Warnung, Körper und Geist, Verstand und Emotion als zwei separate Systeme zu verstehen. Vielmehr könne Kognition nicht ohne Bezug auf einen spezifischen Körper (Verkörperung) und eine spezifische Umgebung (Situiertheit) erklärt werden – eine Erkenntnis, die dem Embodiment bzw. der Embodied Cognition zugrunde liegt.
In der Informatik bezieht sich Embodiment im Allgemeinen auf die Repräsentation eines Users in einer medialen oder virtuellen Umgebung. Frank Biocca (1997) definiert das Progressive Embodiment als die stetig fortschreitende Immersion (phyischer) sensomotorischer Kanäle in Computerschnittstellen – erreicht durch eine immer engere und durchdringendere Kopplung des Körpers mit Schnittstellensensoren und Displays. Das Ziel des Embodiment ist die Presence: Der User denkt und fühlt, er sei als Avatar präsent in einer virtuellen Welt. Verliert er sich in der artifiziellen Präsenz des Technischen, wird der Mensch zum Cyborg.
Der OPEN CALL #2 des Projekts XR_Unites richtet sich an interdisziplinäre Teams aus der Berliner Kulturszene und Kreativwirtschaft, die sich im Medium der Virtual Reality sowohl formal als auch inhaltlich mit dem Embodiment und damit einhergehenden gesellschaftlich relevanten Fragestellungen auseinandersetzen. Einen Input zu Embodiment wird es Anfang Juni im Rahmen eines XR_Unites-Events geben. Wie schon beim ersten Open Call soll das Resultat eine interaktive Multi-User-Experience sein.
XR_Unites bietet Beratung und Unterstützung bei der agilen Entwicklung inkl. Programmierung, die nötige Software und ein Kontingent an VR-Hardware zu Test- und Präsentationszwecken. Das XR_Unites-Expert/innenboard gibt Feedback zur Umsetzung. Am Ende der gemeinsamen Entwicklung steht eine von XR_Unites mitorganisierte Präsentation.
Vorläufiger Zeitplan
Jun | Info- und Netzwerk-Event zu Embodiment in Kultur und Informatik |
Okt | Kennenlern- und Vorbereitungsphase |
Okt–Dez | Gemeinsame Konzeptphase Definition benötiger digitaler Inhalte Fixierung des Zeitplans |
Jan–Mai | Kollaborative agile Entwicklung Konsultation des Expert/innen-Boards Produktion digitaler Inhalte |
Jun | Gemeinsame Präsentation |
Die Jury
Pablo Dornhege
Leitung Im/material Theatre Spaces; Projektleitung und Beauftragter für Digitalität und Neue Technologien bei der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft e.V.
Christoph Holtmann
Developer von XR_Unites und Experte für angewandte, interaktive und immersive Medien.
Peggy Schoenegge
Kuratorin zahlreicher Ausstellungen, u.a. zu (Dis-)Embodiment, Projektmanagerin der Plattform peer to space und Vorstandsmitglied von mkv – Medienkunstverein.
Dagmar Schürrer
Medienkünstlerin, Expertin für XR-Kunst und digitale Medienproduktion.
Maja Stark
Kunstwissenschaftlerin mit Fokus auf Embodiment in Kunst und Informatik und Koordinatorin der INKA-Projekte AURORA School for ARtists und XR_Unites.
Alle Jury-Mitglieder sind Teil des Expert*innenboards bzw. des XRU-Teams!
Bewerbungskriterien
- Interdisziplinäres Team aus mindestens drei Personen mit Lebensmittelpunkt in Berlin
- Das Ergebnis ist eine interaktive Multi-User-Experience in der Virtual Reality
- Konzeptioneller Innovationsgrad bei gleichzeitiger Machbarkeit
- Machbarer Start der Kollaboration Mitte September 2021 (Start der agilen Entwicklung: 1/22)
- Bewerbung auf Deutsch oder Englisch
- Erste Erfahrungen in der Umsetzung interaktiver XR-Anwendungen
Die Bewerbung
Die Bewerbungsunterlagen sollten folgende Dateien beinhalten:
- Ein gemeinsames Motivationsschreiben von max. 3000 Zeichen (inkl. Leerz.)
- Das Konzept von max. 15.000 Zeichen (inkl. Leerz.) inklusive:
- Einleitung zum eigenen Verständnis von Embodiment
- Erläuterung zur Relevanz von Embodiment für die geplante Anwendung
- Beschreibung des anvisierten Kulturformats
- mind. einer Visualisierung (z.B. Skizze, Modell) oder ein kurzes Erklärvideo (max. 10 min)
- Skizzierung benötigter Arbeitspakete und Zuständigkeiten (wer macht was im Team?)
- Pro Team-Mitglied ein Kurz-CV mit Bild
- Pro Team-Mitglied ein Portfolio bisheriger relevanter Arbeiten
Weitere Informationen zur Bewerbung
- Bewerbungen werden ausschließlich per E-Mail an xru@htw-berlin.de entgegengenommen.
- Die Bewerbungsfrist endet am 15.07.2021 um 23 Uhr
- Die Entscheidung fällt Mitte August 2021. Die Benachrichtigung des ausgewählten Teams erfolgt per E-Mail.
- Zusätzlich zur personellen und technischen Unterstützung ist nach aktuellem Stand leider keine Bezahlung des Teams möglich.